1. Februar 2021

Pressetermin zum Schulentwicklungsplan im Kreis Groß-Gerau

Am 29. Januar 2021 haben wir uns mit Vertreter*innen der Presse vor dem Neubau der Grundschule in Nauheim getroffen, um über den aktuell diskutierten Schulentwicklungsplan (SEP) und über die Situation der Schulen im Kreis allgemein zu sprechen. Vor Ort dabei waren unser bildungspolitischer Sprecher Marco Müller, Vorstandsmitglied Lars Nitschke und Fraktionsvorsitzender Franz Urhahn.

Der SEP liegt seit November als Entwurf vor und stellt die Grundzüge für die nächsten fünf Jahre der Schulentwicklung und Schulpolitik im Kreis Groß-Gerau dar.

Das umfangreiche Werk sammelt eine große Anzahl von Basisdaten über Schüler*innenentwicklung und Bevölkerungszahlen, die vorhandenen und geplanten Angebote des Kreises in den entsprechenden Schularten und Altersstufen.

Grundsätzlich besteht an dieser Zusammenstellung kein Zweifel und die größte Herausforderung der nächsten Dekade – die steigenden Schüler*innenzahlen – wird benannt und zahlenmäßig hinterlegt. Je nach weiterer politischer Diskussion ergibt sich aus dem vorgelegten SEP durchaus ein transparentes Bild der Schullandschaft im Kreis Groß-Gerau und weiteführende Diskussionen sind auf dieser Basis gut möglich.

Grundsätzlich beruht dieser neue SEP auf der von der langjährigen Koalition aus BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und später in Kooperation mit Der LINKEN durchgesetzten Schulpolitik des ständigen Aus- und Aufbaus der Schulen im Kreis Groß-Gerau, eine Politik, die zurecht über Jahre hin gelobt wurde und als deren Ergebnis sehr gut ausgestattete Schulgebäude und Rahmenbedingungen in Ausstattung und Erreichbarkeit deutlich sichtbar sind.

Dem liegt ein erheblicher organisatorischer und finanzieller Kraftakt zugrunde, aber die Ergebnisse könne sich sehen lassen und die Erfolge bei den Schüler*innezahlen im Hinblick auf Übergänge zu den weiterführenden Schulstufen, der Zusammenhalt der sehr heterogenen kulturellen und ethnischen Struktur der Schüler*innen, die Integrationskraft vieler Neubürger*innen im Kreis mit sehr unterschiedlichen Bildungs- und Sprachvoraussetzungen  ist evident. Das ist im Rhein-Main Gebiet zwar nicht unüblich aber in vielen Fällen doch bemerkenswert und wird auch von der Breite der Politik und Bevölkerung anerkannt. Kein Kind, kein*e Jugendliche*r darf zuückgelassen werden und für jede*n muss es ein individuell zugeschnittenes Angebot auf dem Weg zur Berufsbildung, zum Studium und zur Arbeit geben. Dieser Ansatz ist eine der „VORNEHMSTEN“ Aufgaben des Kreises, die in enger Kooperation mit den Kommunen wahrgenommen wird und mit deren Einzahlung in die Schulumlage, ergänzt durch zusätzliche Mittel von Bund und Land diese grundlegende Daseinsvorsorge für die hier lebenden Menschen durch den Kreis wahrgenommen wird.

Schulsozialarbeit, ganztägige Schulbetreuung, speziell zugeschnittene Angebote für bestimmte Bevölkerungsgruppen, nachhaltige Förderprogramme, Kooperation mit Kommunen und anderen sozialen Einrichtung, Beteiligung der Eltern und der Schüler verändern die Schullandschaft ständig und parallel zur gesellschaftlichen Veränderungen. Digitalisierung, Inklusion, Internationalisierung und Kooperation mit Vorgänger-  (z.B. Kindertagesstätten), Parallel- (z.B. Jugendförderung und -bildung, Sportvereine und -verbände) und Nachfolgeeinrichtungen (z.B. Betrieben, Hochschulen) sind integrativer Bestandteil der grundlegenden Planungen der Kreisschulpolitik.

In den letzten 10 Jahren wurde die Transformation der Schulen zu ganztäglich nutzbaren Einrichtungen, zu Aufenthaltsorten, die nicht der bloßen Wissensvermittlung, sondern für stetig steigende Aufenthaltsqualität sorgen, sowohl im Innen- als auch im Außenbereich, intensiv vorangetrieben

Mit die größte Herausforderung der letzten und der kommenden Jahre sind die steigenden Schüler*innenzahlen im Kreis und neben den notwenigen Um- und Neubauten für die o.g. Maßnahmen sind die Erweiterungen der Gebäude zum großen Teil diesem Umstand geschuldet. Und wenn man derzeit an vielen Schulstandorten und bei allen Schulformen viele „Container“ sieht, teilweise provisorische Schulhöfe und Sportflächen, dann ist das Teil der umfangreichen Erneuerungen und Verbesserungen, die nicht nur Reparatur und Platzerweiterungscharakter haben, sondern eben auch die inhaltliche Verbesserung der Platz- und Raumstruktur, die auf veränderte Lebens- aber auch Lehr- und Lernbedingungen reagiert.

Dabei steht das stark gewachsene Klimabewusstsein im Kreis GG mit im Vordergrund, denn für den öffentlichen Baubereich steht der Schulbau hinsichtlich der finanziellen Ressourcen aber auch der schieren Masse und Menge an erster Stelle und ist somit einer der wesentlichen Faktoren für einen schonenden Einsatz von Energie und Umgang mit Landschaft und Boden, Wasser und Emissionen.

Bei all‘ den positiven Aspekten zur Entwicklung und zum Stand der Schulentwicklungspolitik im Kreis Groß-Gerau gibt der vorliegende Entwurf des SEP natürlich auch Anlass für weitergehende Ideen über den Verwaltungsentwurf hinaus. Kritische Nachfragen beflügeln die Weiterentwicklung und die aktuellen Ereignisse um CORONA, das Homeschooling stellen Fragen deren „utopischer“ Charakter sehr viel schneller Realität wurde, als es bei der Aufstellung des SEP zu vermuten war.

Wie intensiv der Kreis auch immer die Schulentwicklung vorantreibt, wieviel Mittel auch immer im Balancespiel der finanziellen Interessen der unterschiedlichen Politikbereiche zur Verfügung stehen oder gestellt werden können: ganz wesentliche Faktoren sind die schulpolitischen Implikationen, die von Landesseite eingebracht werden und auf deren Grundlagen die Kreisschulpolitik und der Schulentwicklungsplan reagieren muss. Das sind die Reaktionen auf Lehrerqualität und -quantität, die Lehrpläne, die Schulsozialarbeit, die digitale Ausstattung und Koordination, die ad-hoc Regelungen während einer Pandemie, die Klassengrößen, die Ausgaben für Lehr- und Lernmittel und viele andere Parameter, die zum Teil nachvollzogen – besser aber auch antizipiert werden müssen und deren Zusammenspiel vielen Beteiligten (z.B. Eltern) überhaupt nicht bewusst ist.

In der alltäglichen Realität hilft es dabei aber keinesfalls mit dem Finger auf den jeweils anderen zu zeigen, denn es geht in allererster Linie darum, den Schüler*innen, also den Kindern und Jugendlichen des Kreises Groß-Gerau einen Schulalltag zu ermöglichen, der nicht geprägt ist von Frust, Versagen oder Langeweile sondern von Lernlust, Freude, Freundschaften und der in der Lage ist Persönlichkeiten zu entwickeln, die ihren eigenen Weg auf der Basis von Wissen und Entscheidungsfähigkeit zu gehen und die nicht abhängig werden von „ewigen Wahrheiten“ und Falschinformationen.

Daher führen wir seit Ende des Jahres 2020 Gespräche mit den verschiedenen Interessensgruppen, die vom Schulentwicklungsplan betroffen sein werden. Dazu gehören Schüler*innen- und Elternvertreter genauso, wie die Schulleiter*innen im Kreis. Mit diesen Gesprächen wollen wir uns ein grundlegendes Meinungsbild einholen, um daraus weitere Ideen und Maßnahmen abzuleiten, die sich im Schulentwicklungsplan wiederfinden sollten.

Bis zur Verabschiedung des SEP im Sommer 2021 wollen wir einige Maßnahmen verstärkt betrachte und als Teil des SEP verankern. Dazu gehören grundsätzliche Fragen, wie bspw. Die bauliche Gestaltung der Schulen und der Klassenräume. Gerade in der Corona-Pandemie hat sich gezeigt, dass hier an manchen Orten noch Verbesserungspotenzial vorhanden ist. Selbstverständlich sollten alle Neu- und Umbaumaßnahmen auch unter klimarelevanten Faktoren betrachtet werden und ihre Auswirkung auf Umwelt- und Klima so gering wie möglich gehalten werden.

Auch inhaltliche Fragestellungen müssen im SEP betrachtet werden. Wir setzen uns für inklusive Angebote an allen Schulen ein. Wir möchten dafür sorgen, dass bestimmte Schulgrößen nicht überschritten werden, in den Oberstufen aber gleichzeitig ein möglichst breites Angebot an Wahlmöglichkeiten im Leistungskursbereich existiert. Es darf keine verdeckten oder offenen „Sonder“-Beiträge für Lehr- und Lernmittel mehr geben. Die diesbezüglichen Regeln sollen an allen Schulen strikt eingehalten werden.

Wir setzen uns für echte Ganztagsschulen ein. An allen Schulen soll es die Möglichkeit für eine ganztägige Betreuung geben. Dies kann bspw. mit der Unterstützung durch geeignetes Personal und eine Kooperation mit Dritten in den Schulen realisiert werden.

Die Corona-Pandemie hat auch gezeigt, dass es im Bereich Digitalisierung der Schulen noch viel Nachholpotenzial gibt. Alle Schulen müssen schnellstmöglich Breitbandzugänge erhalten und jeder Klassenraum muss mit moderner Medientechnik ausgestattet sein. Lehrer*innen sollen Weiterbildungsmöglichkeiten ihrer digitalen Fähigkeiten erhalten und alle Schüler*innen und Lehrer*innen sollten mit digitalen Endgeräten ausgestattet werden.

Wir möchten den Diskussionsprozess zum SEP so transparent wie möglich gestalten und nicht nur im parlamentarisch-politischen Rahmen stattfinden lassen. Nur durch eine klare Haltung zu Standort und Ausstattungsfragen, Perspektiven und Vorstellung neuer Formen kann ein SEP entstehen, der von den allermeisten Beteiligten mitgetragen wird. Es liegt in der Natur der Sache, dass es Kompromisse geben muss, sei es im Hinblick auf die Standorte der Oberstufen, der finanziellen Möglichkeiten beim Ausbau oder grundsätzlichen Beteiligungswünschen. Durch die Entscheidung im Sommer 2021 den SEP zu verabschieden, der dann die Grundlage für die konkreten Bau- und anderen Planungen ist, ist Zeit genug in einem konzentrierten Prozess hier zu Ergebnissen zu kommen, die für unsere Fraktion dann als Entscheidungsgrundlagen dienen.